Kreativität und japanische Lebenskunst: Wabi Sabi, Kintsugi, Ikigai & Zen
Ein kleiner Weg, der uns in eine leise achtsame Landschaft geführt hat, war eins der schönsten Erlebnisse in Japan. Am Eingang war ein Schild mit der Aufschrift: „I hope you can meet Buddha here today.“ Ich glaube, wir haben ihn getroffen.



Japan hat mich verändert..
Ich war letztes Jahr 2024 im Oktober mit meinem Mann zwei Wochen in Japan. Es ware eine so eindrucksvolle Reise, die mich und meinen Blick auf die Welt geprägt haben. Wir waren in Osaka, Nara, Kyoto, Hakone und Tokio. Ich war schon immer begeistert von der japanischen Philosophie und Lebensart. Hier teile ich meine Bilder und schreibe über japanische Konzepte und wie diese sich mit Kreativität verbinden lässen.
In einer Welt, in der oft Perfektion, Produktivität und Ergebnis im Vordergrund stehen, kann es wohltuend sein, einen anderen Blick auf Kreativität zu werfen, einen, der tiefer, sanfter und verbundener ist. Die japanische Philosophie bietet eine Fülle an Impulsen, die unser kreatives Schaffen nicht nur bereichern, sondern transformieren können.



Wabi Sabi: Die Schönheit des Unvollkommenen
Was ist Wabi Sabi?
Wabi Sabi beschreibt die Ästhetik des Unvollkommenen, Vergänglichen und Unscheinbaren. Es ist eine Haltung, die das Einfache, Raue, Unperfekte wertschätzt und in der Unvollkommenheit tiefe Schönheit erkennt. Aber Wabi Sabi ist mehr als nur das Ästhetische. Es geht um das Leben, um Mensch zu sein und um das Universum an sich.
Wabi Sabi lädt uns ein, Druck und Perfektion loszulassen.
Unsere Skizzen, unfertigen Werke, schiefen Linien, all das ist nicht falsch, sondern Teil des Ausdrucks.
Das Echte berührt mehr als das Perfekte. Ein Beispiel für Wabi Sabi ist der Enso Kreis. Dieser Zirkel bekannt aus der japanischen Kalligrafie ist niemals perfekt und man sieht die Spur der Spontanität in dem Pinselstrich. (Unten werde ich dir ein Bild von meinen Enso Kreisen zeigen.)















Kintsugi: Die Kunst der goldenen Reparatur
Kintsugi ist die japanische Technik, zerbrochene Keramik mit Gold zu reparieren. Risse werden nicht versteckt, sondern betont und veredelt. Sie erzählen eine Geschichte von Bruch und Heilung. Die Verwendung dieses auffälligen goldenen Materials, anstatt den Bruch durch die Verwendung der gleichen Farbe zu kaschieren, verkörpert eine Philosophie, die sich auf den Menschen übertragen lässt: Alle Gegenstände haben eine Geschichte. Indem wir die Wunden zeigen, macht uns das noch wertvoller. Narben sind Teil unserer Geschichte. Wenn die Tasse, die Vase oder das Stück, das wir repariert haben, einen Unfall hatte, wird sie dadurch interessanter. Das macht es sogar wertvoller als ein makelloses Objekt, das gerade erst vom perfekt produziert worden ist. Was wir als Mensch überlebt haben, um jetzt hier zu sein, wo wir sind, mit all unseren Verletzungen, das ist unser größter Schatz.
Kreativität heißt oft auch: Scheitern, Neuanfangen, Umwege gehen.
Kintsugi lehrt uns, unsere Fehler und Brüche als Teil des kreativen Wegs zu anzusehen. Vielleicht ist genau dort, wo etwas zerbricht, wo dir ein Fehler unterläuft, dein größter Ausdruck verborgen. Kreativität entsteht oft genau aus diesen Fehlern oder Umwege.
Deine Risse machen dein Werk und dich einzigartig und vielleicht noch viel wertvoller als zuvor. Da passt das Zitat von Rumi: „Die Wunde ist der Ort, in dem das Licht in dich eindringt.
In Japan musste ich mit meinem Mann unbedingt Kintsugi ausprobieren und wir haben einen tollen Kintsugi Kurs gemacht.









Ikigai – Das, wofür es sich zu leben lohnt
Was ist Ikigai?
Ikigai beschreibt den Sinn im Leben, das, was uns morgens aufstehen lässt.
Viele kennen das Diagramm aus vier Kreisen wo Ikigai der Schnittpunkt von dem, was wir lieben, gut können, was die Welt braucht und wofür wir vielleicht sogar bezahlt werden können liegt. Das ist aber nicht Ikigai, sondern der sogenannte Venn Zirkel und hat mit Ikigai nichts zu tun. Bei Ikigai geht es darum Dankbarkeit zu verspüren und zu sehen, was man schon alles Wertvolles in seinem Leben hat. Ikigai benutzen die Japaner, wenn sie über etwas sprechen, dass das Leben lebenswert macht. Was mein Leben lebenswert macht ist besonders eine Sache: Kreativität.
Ikigai kann uns helfen, unsere Kreativität nicht nur als Zeitvertreib, sondern als lebendige Ressource, als etwas Wertvolles für uns zu begreifen.
Es fragt: Was erfüllt dich wirklich beim Gestalten? Was bringt dir die Kreativität für tolle Dinge in dein Leben? Wo berührt dich dein kreativer Ausdruck?









Zen. Im Hier und Jetzt erschaffen
Was ist Zen?
Zen ist mehr als Meditation – es ist ein Zustand des vollständigen Gegenwärtigseins. Es geht darum, ganz im Moment aufzugehen, losgelöst vom Ziel, vom Ego, vom Urteil.
Zen inspiriert uns, den kreativen Moment bewusst zu erleben, statt ihn durch Selbstkritik zu stören. Beim Malen, Schreiben, Arbeit mit Ton, Zeichnen geht es nicht darum, etwas zu erreichen, sondern ganz da zu sein.
In Japan war ich auch begeistert von den Zen Gärten, die für Harmonie, Achtsamkeit, Entspannung und Ruhe stehen. Zen eine Philosophie ist, die durch Meditation und Achtsamkeit zu einem tieferen Verständnis der eigenen Person und der Welt führen möchte.









Kreativität als Lebensweg
Diese Konzepte können auch deinen Alltag auf einer positiven Art verändern.
Sie laden dich ein, deine Kreativität tiefer zu verstehen:
Nicht als etwas, das man beherrschen muss, sondern als etwas, das wächst, heilt, sich entfaltet und verbindet…Mit dem Unperfekten, dem Bewusstsein des Jetzt, mit den Fehlern, mit den Brüchen unseres Seins.
Stell dir folgende Fragen:
Welche Risse in deinem kreativen Prozess könntest du heute vergolden?
Wie könntest du deine Kreativität als Teil deines Ikigai entdecken?
Was wäre, wenn dein Werk heute unvollkommen sein darf und gerade deshalb echt?
In einem anderen Blogartikel teile ich mit dir kreative Übungen zu der japanischen Philosophie.
Bücher, die ich empfehlen kann:
Wabi Sabi, the Wisdom of imperfection von Nobuo Suzuki und
Das Geheimnis der kleinen Dinge, entdecke mit Ikigai die Reichtümer, die dein Leben schon bereithält- von Motoki Tonn.












Meine Lieblingsmomente in Japan. eine ganz besondere Japanreise
Meine Lieblingsmomente und Highlights in Japan waren: Eine Teezeremonie und deren Philosophie zu erleben und mit Menschen aus aller Welt zusammen einen Matcha zubereiten, zu sehen, wie man einen Kimono bindet, der Kintsugi Kurs, die wunderschönen Tempel, Kalligrafie, Ikebana (eine besondere Art Blumen zu stecken) in den Hotels und Restaurants, Flohmarkt mal ganz anders, die Rehe in Nara, die wunderschöne Stadt Kyoto, zeremoniellen Matcha zu trinken, richtige Geishas auf der Straße zu sehen, in einem Ryokan zu übernachten, in einem Studentenrestaurant zu essen und nicht zu wissen, was man genau isst, in einem Café in Tokyo einen Brief an mein zukünftiges Ich zu schreiben (der Brief wird mich wohl im Oktober 2025 erreichen und dann werde ich davon berichten). Es war so eine eindrucksvolle Reise, die mit Worten garnicht zu beschreiben ist. Lass dich einfach von den Fotos inspirieren.. und vielleicht entdeckst du ja auch bald schon dieses tolle Land.





